Auf dem Weg zurück…
Silke | 1. Juli 2012 | 06:53Während wir noch im Flieger sitzen und versuchen trotz fortschreitender Ermüdung den barschen Service von Finnair geduldig über uns ergehen zu lassen, sind am Flughafen schon wilde Vorbereitungen im Gange, von welchen wir nichts wissen. Auf den Bildern zeichnen sich Angespanntheit, Unsicherheit,Unruhe und Ungeduld ab, lustige Aktivität und Wiedersehensfreude.
Wir sind gelandet.
Zurück in Deutschland. Nach bummeligen 18 Stunden Reisezeit heben wir unsere Rucksäcke in der mittlerweile gut mitgenommen aussehenden schwarzen Cordurahülle vom Gepäckband, schultern diese ein letztes Mal während dieser Weltreise (in Ermangelung eines Eurostückes für einen Trolley- willkommen in Deutschland) und gehen mit gemischten Gefühlen auf die Milchglasscheibe zu, welche die Grenze zwischen „Unterwegssein“ und „Wieder zu Hause“ markiert. Ich bin mir noch nicht so richtig sicher, was genau ich fühle. Eine Art Verpflichtung zur Wiedersehensfreude (schließlich war man ja ein Jahr weg), etwas Widerwillen gegen das Ende der Freiheit, Trauer und Verlust, weil es jetzt wirklich endgültig „vorbei“ ist, Zweifel, in was für eine Art Situation wir jetzt zurückkehren- familiär, beruflich, emotional, freundschaftlich, finanziell…, Gespanntheit, wie es wohl so ist, seine Lieben das erste Mal wieder zu sehen, Wehmut, den Reiz der täglichen Abwechslung verabschieden zu müssen, Freude, endlich wieder ohne Ohrstöpsel schlafen zu können, Vollkornbrot zu essen und ein sauberes Bad für mich allein zu haben, Unsicherheit in welcher Rolle ich wieder „zu Hause“ bei meinen Eltern einziehen kann- zum Übergang – sicher. Aber was bin ich? Kind? Sicher nicht! Tochter? Auf jeden Fall. Aber auch platzbedürftig, mit (fast) leerem Konto, erst mal arbeitslos und nicht ohne Anspruch was die eigenen Rhythmen angeht. Wie kann das alles zusammenpassen? So widerstreiten ziemlich konträre Emotionen in mir auf dem Weg zur Scheibe. Dann sind wir durch. Als erstes sehe ich meinen Vater. Mit zwei roten Herzluftballons am Hemd- breit grinsend. Dann taucht Andrea auf- meine beste Freundin, in der Hand einen Thermobecher mit meinem Lieblingsespresso. Dahinter meine und Stephans Mutter, die eine Fotocollage hochhalten, die meine Mutter gestaltet hat und die ich in dem Trubel noch gar nicht so würdige, wie sie es verdient hat. Darauf eine Weltkarte, diverse Fotoausdrucke mit Stationen unserer Reise und ein Willkommensgruß. Klemens, Stephans Vater, hängt uns Luftschlangen um den Hals. Ein paar Gruppenfotos der Ankunft werden gemacht. Irgendwie ist alles seltsam unwirklich. Die vertrauten Gesichter. Die vertrauten Stimmen. Freudige Umarmungen. Jetzt ist es also zu Ende. Klar, es gab auch eine ganze Menge Dinge, die uns tierisch auf die Nerven gegangen sind, vor allem zum Ende der Reise hin und wir sind auch nicht traurig etwas Bequemlichkeit und den Luxus der vertrauten Umgebung und sozialen Beziehungen zurückzugewinnen, aber so ein bisschen festhalten würde ich mir meine „Reiseblase“, schon gerne noch ein bisschen. Ich bin noch nicht ganz bereit wieder über die Schwelle zu gehen. Zurück in den Alltag, in die Normalität.
Im Haus von Stephans Eltern angekommen finden wir im Keller die vor einem Jahr zurückgelassenen Kisten und Taschen. Ein Blick in meine Klamottentasche schockt: mindestens 10 Spaghettishirts. Wann soll ich die bloß alle anziehen? Und da das Handy. Lust es anzumachen habe ich erst mal nicht. Da macht es auch nichts, dass ich die PIN vergessen habe. Mein Kopfkissen- was für ein Luxus. Die angebrochenen Flaschen meines Lieblingsduschgels. Der vertraute Geruch lässt auch Heimatgefühle aufsteigen. Genau wie der Amselgesang, der aus dem Garten klingt. Bei uns ist es bereits Mitternacht- hier erst 18 Uhr. Um den Jetlag zu verringern halten wir uns bei einem gemeinsamen Abendessen bis 23 Uhr wach. Dann gehen wir ins Bett. Es sind fast 24 Stunden vergangen, seit wir im Hotel in Hongkong aufgebrochen sind.